NUR ZUM MEER IST ES EIN WENIG WEIT.

Die Fotoarbeit „Nur zum Meer ist es ein wenig weit“ ist die persönliche Dokumentation einer deutschen Aussteigerkommune in Italien, fast 35 Jahre nach ihrer Gründung. Hier bin ich aufgewachsen. Die Arbeit schlägt eine Brücke zwischen eigenen Kindheitserinnerungen und der Gegenwart, zwischen vermeintlicher Objektivität der Fotografie und radikaler Subjektivität spürbar erlebter Momente erinnerter Biografie. 

 

Utopiaggia nannte sich die Gruppe junger Deutscher, die 1982 auf der Suche nach einem alternativen Lebensmodell in Italien ein Stück Land mit drei verfallenden Häusern kaufte, um dort selbstbestimmt und unabhängig gemeinsam zu leben und zu wirtschaften.

Der Name „Utopiaggia“ setzt sich zusammen aus den Wörtern Utopie und Piaggia, in Anlehnung an „Villa Piaggia“, den Namen des Haupthauses.

Hier wollten meine Eltern mit Gleichgesinnten eine Utopie vom besseren Leben für sich und ihre Kinder verwirklichen. Kommune bedeutete für die jungen Aussteiger in erster Linie Verfügungsgewalt über die eigenen Lebens- und Arbeitsformen und die Gestaltung ihrer eigenen politischen und kulturellen Sphäre in einer überschaubaren Gemeinschaft. Die Kommunarden wollten, kurz gesagt, die Kontrolle über das eigene Leben wieder selbst in die Hand nehmen.

 

Für mein Diplom ging ich mit der Kamera in Utopiaggia auf die Suche. Was ist von der Utopie von damals geblieben? Doch immer mehr entwickelte sich das Projekt zu einer persönlichen Spurensuche nach den Gefühlserinnerungen meiner Kindheit. Mit meinem zweiten Sohn im Tragetuch und der alten Pentax Mittelformatkamera vor dem Bauch tauchte ich ein ins Schattenreich des Halb- und Unbewussten, indem ich mich „halb wie im Traum durch die Schleier, die sich in vielfachen Schichten um das Eigentliche gelegt haben“ vortastete.